Die gute Nachricht vorweg: Die Jahrestagung der Deutschen Menopause Gesellschaft (DMG) lässt auf eine bessere medizinische Versorgung für die Wechseljahre hoffen! Die DMG hat mittlerweile 3.500 Mitglieder, die Stimmung unter den Ärzt:innen war ausgesprochen gut und ich fand auffällig, dass auch viele junge Ärzt:innen dabei waren. Wobei der Gender-Doppelpunkt nicht ganz angebracht ist, da die Teilnehmer:innen zu 98% weiblich waren. Die Gynäkologie ist ohnehin fest in Frauenhand (73,2 Prozent sind weiblich), aber die Wechseljahre scheinen doch fast ausschließlich Frauen zu interessieren.

Osteoporose – Ein Dauerbrenner der Deutschen Menopause Gesellschaft

Das Themenfeld auf der Jahrestagung der Deutschen Menopause Gesellschaft war bunt gemischt, wobei mehrere Vorträge um die Osteoporose kreisten. Gerade bei der Frage nach „Hormone – Ja oder Nein?“, ist es wichtig zu wissen, dass Frauen mit entsprechender familiärer Vorbelastung neben der Behandlung der Beschwerden den positiven Effekt einer Hormonersatztherapie auf den Knochen mitnehmen. Oder wie Prof.  Dr. Peymann Hadji sagte „Der Knochen ist ein östrogenabhängiges Organ“. Negativ zu spüren bekommen das Mädchen und Frauen mit einer Essstörung: Bei diesen ist die Produktion von Östrogen eingeschränkt, weil sie oft keinen Zyklus mehr haben. Deshalb ist die Wiederherstellung des Zyklus bei diesen besonders wichtig. Das Risiko für Knochenbrüche und Stürze kann sonst langfristig erhöht bleiben.

Auch Zähne kommen in die Wechseljahre

Spannend fand ich auch eine neue Studie zur Zahngesundheit von Frauen in den Wechseljahren. In einer Umfrage gaben 79 % der Frauen in den Wechseljahren an, dass sie orale Veränderungen bemerkt hätten, darunter Zahnfleischrückgang und empfindlichere Zähne. Eine ältere Studie (es gibt keine aktuellen) stellt bei 43 % aller Frauen Veränderungen in der Mundhöhle fest, wie Trockenheit, einen verminderten Speichelfluss und eine geringere Schmerztoleranz. Der Zahnmediziner Prof. Dr. Reiner Mengel stellte heraus, dass der Östrogenmangel auf die Mundschleimhaut ähnlich wirkt, wie auf die Vaginalschleimhaut (beide haben Östrogenrezeptoren), auch das orale Weichgewebe wird daher dünn, atrophisch und weniger elastisch. Darüber hinaus leiden auch die Knochen in der Mundhöhle unter dem sinkenden Östrogen und Entzündungsreaktionen werden häufiger. Eine erste Studie über den Einsatz einer Hormonersatztherapie zeigt, dass diese offenbar auch einen positiven Effekt auf die Mund- und Zahngesundheit hat. Prof. Dr. Reiner Mengel empfahl, bei einer Osteopenie (Vorstufe Osteoporose) auch die Zahnärztin aufzusuchen und nach Auswirkungen auf die Zahngesundheit zu fragen.

Nicht nur der Grundumsatz, auch das Sättigungsgefühl sinkt

Interessant fand ich auch den Vortrag von Dr. Ruth Hanssen zu Gewichtsveränderungen in den Wechseljahren. Sie wies darauf hin, dass nicht nur der Grundumsatz (die Energie, die wir benötigen, um lebenswichtige Funktionen aufrechtzuerhalten) sinkt, sondern auch unser Sättigungsgefühl nachlässt, wenn das Östrogen abnimmt. Besonders betroffen sind Frauen, die sich lange ungesund ernährt haben. Bei diesen verschwindet das Hungergefühl nicht mehr ganz, und es wird gerade bei erhöhtem Körpergewicht schwieriger, das Gewicht zu regulieren. Konkret liegt das daran, dass Adipositas mit funktionellen Änderungen im Hypothalamus und im Belohnungssystem im Gehirn einhergeht. Diese machen eine Veränderung des Lebensstils für übergewichtige Frauen deutlich schwieriger als für normalgewichtige Frauen.

Perimenopause – Das Window of Vulnerability

Dr. Anne Schwenkhagen aus dem Vorstand der Deutschen Menopause Gesellschaft berichtete über den Einfluss einer Hormonersatztherapie auf depressive Symptome in der Perimenopause („Window of vulnerability“). Diese kann dafür erfolgreich eingesetzt werden, allerdings ist es nicht das Östrogen, das für weniger depressive Symptome sorgt, sondern dass der Eierstock (mit einem Gestagen) insgesamt ruhiggestellt wird. Denn die Schwankungen sind der Auslöser für die depressiven Symptome. Oder in ihren Worten: „Das Hirn ist ein Beamter: Dieser liebt geordnete Verhältnisse, und die gibt es in der Perimenopause nicht.“ Sie wies auch darauf hin, dass ein plötzlicher Hormonentzug (beispielsweise nach einer Brustkrebserkrankung) zu depressiven Symptomen führen kann. Das sollte bei der Therapie berücksichtigt werden.

Vulvovaginale Atrophie & Brustkrebstherapie

Die vulvovaginale Atrophie zählt zu den häufigsten Probleme in der Postmenopause. Dr. Nele Freerksen-Kirschner stellte die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten vor, auch für Frauen mit Brustkrebs unter Therapie mit Aromatasehemmern: Erste Wahl ist für diese Frauen die Verwendung von hormonfreien Vaginalpräparaten. Wenn diese die Beschwerden nicht bessert, können niedrig-dosierte vaginale Östrogene (Östriol 0,03 mg, 3 Applikationen pro Woche) oder DHEA vaginal eingesetzt werden. Auch der Vaginallaser ist eine Option.

Faktenscheck Hormonersatztherapie

Highlight des Kongresses war sicherlich der Abschlussvortrag mit Dr. Katrin Schaudig, der Präsidentin der Deutschen Menopause Gesellschaft. Sie hat sich mit der Verunsicherung der Patientinnen bzw. Schwarzweiß-Malerei der bioidentischen Hormonersatztherapie (HRT) auseinandergesetzt. Denn aktuell treffen zwei Lager aufeinander: Das eine empfiehlt, die „risikofreie“ bioidentische Hormonersatztherapie am besten ein Leben lang zu nehmen, das andere warnt vor den gefährlichen Nebenwirkungen und beschreibt die Wechseljahre als natürlichen Prozess, in den man nicht eingreifen sollte. Katrin Schaudig analysierte verschiedene Aussagen mit einem Faktencheck: